Die Doppel-Diesellok für die Hochgebirgsstrecke wird angedockt.

Auch wenn es wesentlich länger gedauert hat bis wir uns nun endlich wieder vom Dach der Welt melden (können) ist es bei sieben Tagen in Tibet geblieben (lies mehr in unserem vorherigen Beitrag aus Beijing) und nicht wie beim Kollegen Brad Pitt auf sieben Jahre ausgedehnt worden. Dieser und seine gesamte Filmcrew haben seitdem übrigens lebenslängliches Einreiseverbot in die Volksrepublik China – das zeigt eigentlich schon wie sensibel das Thema Tibet hier in China behandelt wird. Aber dazu später mehr.

Nächste Haltestelle: Xining

Da unser erster Anlaufpunkt in Tibet Lhasa auf ca. 3.600m Höhe sein sollte, haben wir beschlossen einen kleinen Stop zur Akklimatisierung in Xining auf ca. 2.200m Höhe einzulegen. Ob dies nun wirklich eine Höhe zum Akklimatisieren ist, darüber kann man sicher fachlich streiten. Meiner Meinung nach wird die Luft mit jedem Meter Höhe dünner, also bringt das wohl dem Körper auch etwas. Zudem, so viel vorweg, hatten wir im Vergleich zu anderen Mitreisenden in unserer Tibet-Tour recht wenig Probleme mit der Höhe. Also kann dieser Stop sicher nicht sehr falsch gewesen sein.

Beijingxi - von hier geht es über Xining nach Lhasa.
Beijingxi – von hier geht es über Xining nach Lhasa.

Am 4. Juni 2017 machten wir uns bei der bisher am höchsten erlebten Luftfeuchtigkeit zur Beijingxi Railway Station auf (xi = Westen). Die Fahrkarten hatten wir zum Glück schon am Tag vorher abgeholt. Bahnhöfe werden hier in China aufgrund der schieren Masse an Reisenden ähnlich wie Flughäfen bei uns betrieben. Der Schalter zum Ticketkauf ist von außen zugänglich (trotzdem wird bereits der Pass kontrolliert). Um in das eigentliche Bahnhofsgebäude zu gelangen muss man wieder raus aus dem Ticketverkaufsbereich zum Haupteingang. Dort wird dann das Ticket und der Pass kontrolliert. Anschließend passiert man eine Sicherheitsschleuse – wie am Flughafen, das gesamte Gepäck wird durchleuchtet. Erst dann kann man sich in den entsprechenden Wartebereich für den eigenen Zug begeben. Hier in Beijingxi wurden immer vier bis fünf Zugabfahrten in einen Warteraum gelegt. Der für uns vorgesehene Warteraum war dementsprechend brechend voll. Sämtliche Bänke belegt, viele Leute saßen und hockten auf dem Boden. Wie schon im letzten Bericht angesprochen, haben wir uns zu McDonalds verzogen und Kaffee getrunken (welcher im Vergleich zum lokalen Kaffee von recht guter Qualität ist).

Xining Railway Station
Xining Railway Station

Die Zugfahrt verlief recht unspektakulär. Die Abteilnachbarn waren eine Chinesische Mutti mit Ihrem Sprössling. Er hat Handy gezockt und sie hat grimmig drein geschaut und ihm ab und zu zum Essen motiviert.

Die chinesischen Züge, soviel schon einmal generell vorweg erzählt, sind scheinbar deutlich neuer als die Russischen. Allerdings haben die Chinesen es echt drauf die Toiletten abzuwohnen – keine Details. Die Mediziner springen wahrscheinlich jetzt im Dreieck, aber Sina hat es während der knapp 24-stündigen Zugfahrt geschafft kein einziges Mal die Toilette zu betreten und dass ohne Windeln:-) Raucherbereich ist logischerweise der Bereich „zwischen“ den Zugwaggons – Türen immer offen. So kann man im Abteil bei offener Tür immer mitrauchen – günstig! Und frühmorgens wird man vom ersten Raucher dezent aus dem Schlaf geweckt, also wer braucht schon Kaffee-Duft zum aufstehen?!

Irgendwie hatte ich abends keinen Bock auf Dosennudeln. Da bin ich mal lässig in der Jogginghose in den verqualmten Speisewagen geschlendert. Der Kollege vom Service erkannte sofort meine Not und zeigte auf die raumtemperierten Bierdosen. Ich dachte mir, ok – erstes Problem gelöst. Mit einer gekonnten Ess-Geste und einer weggehenden Bewegung habe ich non-verbal ziemlich geschmeidig eine Portion Essen for take-away geordert. Landessprache lernen zum Klarkommen ist für Anfänger, Fortgeschrittene machen das so 😉

Vormittags zwischen 10 und 11 Uhr (wer weiß das schon so genau) kamen wir in Xining an. Wesentlich kälter als in Beijing, aber gar nicht mal schlecht für den einen Kilometer langen Marsch zum „Shangjia-Guesthouse“. Die Straße und ungefähre Hausnummer hatten wir recht einfach gefunden, aber dann begann der Spaß – wieder nach dem Motto Landessprache ist für Anfänger. So richtig wollte sich der Eingang zu unserer Unterkunft nicht zeigen. Durch unsere suchende Art wurde die Dame eines Hotels auf uns aufmerksam, welches, wie wir aber schnell feststellten, natürlich nich unseres war. Aber die Gute ließ nicht locker, am Anfang wollte sie uns noch ein Zimmer aufquatschen. Wir haben ihr dann erfolgreich klar gemacht, dass wir schon eine Reservierung woanders haben. Daraufhin ließ sie aber genauso wenig locker und half uns unser Guesthouse zu finden. Gefühlte zehn Mal hat sie uns ein falsches WiFi Passwort gesagt. Funktionierendes Internet hätte schon einmal geholfen, die Reservierungsmail samt chinesischer Anschrift herunterzuladen. Hier zeigt sich wie dezent unpraktisch es in China ist, dass Emails nur über die Webseiten den Mailanbieter abgerufen werden können, aber nicht über normale Mailprogramme und damit auch offline gespeichert werden können. Long Story short, unsere Vermieterin wurde angerufen und hat uns abgeholt. Wir hätten tatsächlich nur um die Ecke zum Hauseingang eines 25 Stockwerke hohen Wohnhauses gehen müssen, dort an einer bestimmten Klingel im siebten Stock klingeln müssen und tataaa wären wir dort gewesen. Hat auch so geklappt. Easy 😉 Die Gute vermietet ihre fünf Zimmer Wohnung als Guesthouse. Direkt vor unserem Fenster eine Moschee mit mehrmaligem Aufruf zum Gebet. Lediglich der Aufruf vor Sonnenaufgang hat etwas gestört.

Der Blick auf die Moschee direkt neben unserem Guesthouse.
Der Blick auf die Moschee direkt neben unserem Guesthouse.

Generell gibt es in Xining mehrere Moscheen. Hier leben zum Großteil muslimische Chinesen, die Hui. Entsprechend viele koschere Metzgereien und schweinefreie Restaurants gibt es hier. Günstigstes Abendessen soweit waren eine Nudelsuppe und einmal Nudeln mit Fleisch und zwei Tee für 21 RMB (ca. 3 EUR für zwei). Kannste nix sagen.

Xining sonst ist wenig spektakulär, viele Wohnhochhäuser, ein Fluss mit neuangelegten Radwegen. Einzig interessant: es gibt trotz Ampeln an den Kreuzungen, Mitarbeiter des „Ordnungsamtes“, die bei rot ein Seil vor den wartenden Fussgängern spannen, damit diese nicht einfach trotzdem die Straße überqueren. Wir haben uns gefragt, ob das eher ein Überbleibles des Sozialismus ist oder ob die Zustände im Straßenverkehr sonst noch chaotischer wären. Grün für Fussgänger heißt trotzdem nicht, dass kein Auto fährt. Rechtsabbieger Autos dürfen trotzdem fahren, also immer uffpasse!

Um den Fluss wurden neue Radwege angelegt, aber viel benutzt werden sie noch nicht.
Um den Fluss wurden neue Radwege angelegt, aber viel benutzt werden sie noch nicht.

Wir brauchen das Tibet Permit

Mission „Tibet Permit“ stand noch an. Ausländer dürfen Reisen durch Tibet außerhalb von Lhasa nur mit Guide durchführen. Daher hatten wir diese Reise schon im Voraus gebucht. Von dieser Agentur wurde uns auch das Tibet Permit organisiert, welches man zum chinesischen Visum zum Bereisen von Tibet inkl. Lhasa benötigt. Dieses wurde uns auch schon während unseres Aufenthaltes in Beijing per Mail zugesendet und musste seit dem nur noch ausgedruckt werden. Das Ausdrucken hat sich schon in Beijing schwer gestaltet, da unser Hotel dort trotz offensichtlichen Druckers, dieses nicht ausdrucken konnte und wir auch keinen Copy-Shop finden konnten. Später haben wir vermutet, dass Copy-Shop wohl eher Laden für kopierte Klamotten usw. bedeutet und wir daher beim Fragen danach immer etwas zweifelhaft angeschaut wurden. Wir hatten diese Aufgabe damit auf Xining verschoben. Wir wurden von unserer Reiseagentur mehrmal darauf hingewiesen dieses doch bitte bereits zum Abholen unserer Bahntickets nach Lhasa „colourful“ auszudrucken. Da wir bereits bei unserer Ankunft in Xining einen ersten Versuch am dortigen Ticketschalter starten wollten, sind wir einfach mit den Bildern auf dem Handy an den Ticketschalter gelaufen. Einige Diskussionen der Dame am Schalter mit einigen Kolleginnen, die wir nur schulterzuckend beantworten konnten, hatten wir dann ohne „colourful“ Ausdruck des Permits unsere Bahntickets nach Lhasa. Wir wollten aber unser Glück nicht weiter herausfordern und haben dann in einem, nennen wir es nun, Kopierladen unsere Ausdrucke machen können. Die ältere Dame dort, hatte auch erst absolut keine Ahnung was wir wollten, hat mich dann aber einfach an ihren Computer gelassen und wir konnten unsere Permits ausdrucken, nachdem wir das Handy angeschlossen hatten. Sie war etwas aufgebracht, dass wir ihr mit einem Euro so viel für vier Seiten „colourful“ Ausdrucke geben wollte, dass sie uns noch etwas zurückgeben musste. Aber unser Problem war gelöst. Tibet konnte kommen.

Zugfahrt nach Lhasa

Der Zug nach Lhasa fuhr am 7. Juli 2017 um 14:01 Uhr los. Generell haben wir festgestellt, dass wir Abfahrtszeiten mittags recht angenehm finden. Zuhause würde man normalerweise immer versuchen möglichst viel aus den Tagen herauszuholen und früh morgens starten. Für uns hat das aber irgendwie mehr Nachteile. Wenn man mittags losfährt, kann man einfach gemütlich frühstücken, Proviant kaufen und geht dann gemütlich zum Bahnhof. Fährt man früh los, muss man sich mehr stressen, muss abends vorher einkaufen. Fährt man spät los, muss man schauen, wo das Gepäck bleiben kann und vertrödelt im Prinzip die meiste Zeit des Tages.

Nach den üblichen Ticketkontrollen zum „entern“ des Bahnhofsgebäudes, diesmal inklusive Tibet-Permit-Kontrolle kamen wir im Wartebereich an. Und uns gegenüber saß die erste Langnase seit Langem und dazu noch eine Deutsche. So haben wir direkt das erste Mitglied unserer Tibet-Reise-Gruppe am Bahnhof getroffen – was ein Zufall! Es war wirklich eine Wohltat mal wieder mit jemandem in einer Sprache, von der man zumindest denkt, dass man sie gut beherrscht, zu reden.

Die Zugfahrt mit der Qinghai-Railway war natürlich spannend. Zum einen hatte man wirklich gute erste Ausblicke in die abwechslungsreiche Landschaft. Andererseits ist der Zug an sich mit der zusätzlichen Sauerstoffversorgung an jedem Bett eine Neuheit für uns. Memo für erneute Fahrten: Abfahrt in Xining recht spät am Abend wählen, dann hat man die besten Aussichten am Tag. Der erste Teil der Strecke von Xining aus ist recht unspektakulär und erst als es bei uns dämmerte wurde es interessanter. Die besten Teile der Strecke wie der höchste Pass mit ca. 5.000m Höhe und eine sehr lange Brücke haben wir leider verschlafen.

Die Doppel-Diesellok für die Hochgebirgsstrecke zum Dach der Welt wird angedockt.
Die Doppel-Diesellok für die Hochgebirgsstrecke zum Dach der Welt wird angedockt.

Natürlich wurde unser Permit im Zug erneut kontrolliert und wir mussten einen Zettel unterschreiben, auf dem wir bestätigten, dass unserer Körper in Höhen von über 3.000m klar kommt. Gewusst haben wir das beim Unterschreiben nicht, aber gehofft:-) Gegen Abend wurde in Golmud die elektrische Lok gegen eine doppelte Diesellok ausgetauscht. Ab diesem Zeitpunkt war dann auch die Sauerstoffversorgung in Betrieb. Die Zugabteile werden wohl nicht wie im Flugzeug zusätzlich unter höheren Druck gesetzt, sondern lediglich mit Sauerstoff angereichert, sodass man während der gesamten Fahrt, welche bis auf ca. 5.000m Höhe geht, eine Sauerstoffversorgung wie auf knapp 3.000m Höhe hat. Zusätzlich kann an jedem Schlafplatz ein zusätzlicher Sauerstoffauslass geöffnet werden. Das ist allerdings ziemlich laut, sodass ich froh war, dass unser etwas übervorsichtiger chinesischer Abteilskollege, diesen dann vor seinem Einschlafen auch wieder geschlossen hat. Allzu viel bekommt man dadurch von der Höhe im Zug nicht mit, einzig die Luft wurde deutlich trockener.

Die ersten Yaks vom Zug aus gesehen.
Die ersten Yaks vom Zug aus gesehen.

Während der Fahrt nach Lhasa haben wir ein bisschen auf englisch mit einem tibetischen Jungen im Abteil gequatscht. Dieser hat nun Schulferien (für zwei Monate) und war nun auf dem Weg von Beijing, wo er scheinbar aufs Internat geht, nach Lhasa zu seinen Eltern und Großeltern.

Sonnenaufgang während der Zugfahrt nach Lhasa.
Sonnenaufgang während der Zugfahrt nach Lhasa.

Morgens am 8. Juli 2017 kamen wir um 11:10 Uhr in strömendem Regen in Lhasa (3.600m) an. Wir waren, wie unserer Langnasenkollege aus Deutschland, den wir im Gedränge vor der Ticketkontrolle am Ausgang (ja so ist das hier in China) wiedertrafen, gespannt wie der uns versprochene Transfer zum Hotel ablaufen würde.

Die weiteren Berichte zu Lhasa und Tibet, sowie unserer Tour zum Everest Base Camp, können wir hoffentlich die nächsten Tage bei besserer Internetverbindung spätestens von Japan aus veröffentlichen.

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6 Kommentare

  1. Das sind ja wieder tolle Nachrichten vom Dach der Welt und klasse Bilder dazu.
    Ich könnte nur mit einem Bericht zur Zugfahrt von Bettina und Oma von Diedenbergen nach Kempten aufwarten….aber lassen wir das.
    Freue mich schon auf die Fortsetzung!
    Schöne Tage noch in Tibet/ Japan

    ExEx H1

  2. 只是想尝试翻译程序。
    愉快的一天希望Papapapap

    Zhǐshì xiǎng chángshì fānyì chéngxù.
    Yúkuài de yītiān xīwàng Papapapap

  3. Also, die Zugfahrt von „Bettina und Oma“ würde mich schon auch interessieren ;-))
    Oah, bin ich neidisch!!! (also, jetzt nicht auf Diedenbergen – Kempten …) Das wäre ganz genau nach meinem Geschmack, diese Reise habe ich jetzt noch fester als eh schon auf meiner To-travel-to-Liste. Und ich bin sehr gespannt auf den Tibet- / Himalayabericht. Schreibt schnell! Schneller! 😉
    (nee, natürlich nicht) Ich hoffe, ihr konntet tibetische Gelassenheit speichern und seid jetzt noch tiefenentspannter. Lasst es euch weiterhin so gut gehen. liebe Grüße, Sabine

    1. Ja, das Internet war sehr tibetisch gelassen…naja, oder eher chinesisch kontrolliert und ziemlich lahm, sodass wir unsere Gelassenheit mit vergeblichen Versuchen etwas hochzuladen nicht allzu sehr strapazieren wollten. Wir sind deswegen auch in der Planung noch nicht wirklich weitergekommen. Sind heute erstmal in Japan gelandet mit 2h Verspätung, aber das Internet läuft, also werden wir die nächsten Tage die Berichte zu Tibet und dem Everest Base Camp mal hochladen.
      Liebe Grüße

  4. Sehr spannende Reise mit der Tibetbahn. Da ich gerne mit dem Zug reise ist das für mich ein Highlight. Ich möchte die Tour gerne einmal mit der Weiterreise nach Nepal verbinden. Soweit ich weiß ist aber derzeit der Grenzübergang geschlossen. So. Dann bin ich mal gespannt wie Eure Reise zum Bse Camp weiter geht. 🙂

    1. Falls du als erfahrender Bahnfahrer es hinbekommst dir Tickets selbst zu kaufen, denke ich ist es am besten, wenn du bei der Hinfahrt von Xining nach Lhasa einen Zug bekommst, der spät abends abfährt. Dann kannst du den landschaftlich uninteressanteren Teil am Anfang verschlafen und hast tagsüber den Hochgebiergsteil. Wir haben da nicht so viel gesehen, da wir tagsüber hin sind und die Rückfahrt später am Tag war.

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