Sibirischer Sommer in Nowosibirsk

Fussmarsch zum Hotel in Nowosibirsk

Unser Zug war wieder ausgesprochen pünktlich und um 18:24 Uhr Ortszeit kamen wir am 16. Juni 2017 in Nowosibirsk am Bahnhof an. Da der Zug klimatisiert war, traf uns beim Aussteigen im wahrsten Sinne des Wortes der Schlag. Waren es in Moskau (lies auch unseren letzten Beitrag zu Moskau) noch angenehme 22 bis 25°C, hatten wir in Novosibirsk über 10°C mehr auf dem Thermometer.

Mint-grün ist eine häufige Farbe russischer Bahnhofsgebäude. Hier Nowosibirsk.
Mint-grün ist eine häufige Farbe russischer Bahnhofsgebäude. Hier Nowosibirsk.

Der Fußmarsch zum Hotel N war zum Glück relativ kurz. Wir hatten ein schnuckeliges kleines Hotelzimmer mit Doppelbett, einem eigenen Bad und einem Ventilator, der ein wenig Erfrischung bot. Nach einer kurzen Verschnaufpause mit Frischmachen auf dem Hotelzimmer, zogen wir zum Abendessen los. Die Dame von der Rezeption hat uns ein italienisch angehauchtes Restaurant im Stadtzentrum in der Nähe der Oper empfohlen (Perchini). Die Location war wirklich super – Dachterrasse im 4. Stock mit Blick über die Oper und den angrenzenden Park. Unser Essen, ein gemischter Salat, Pizza und Pasta waren auch sehr lecker und preislich recht angemessen. Bier und der Cocktail schmeckten auch. So lässt es sich wirklich leben 🙂

Der Opernplatz ist ein sehr beliebtes Hintergrund-Motiv für Brautmode und wanna-be Playmates jeder Art.
Der Opernplatz ist ein sehr beliebtes Hintergrund-Motiv für Brautmode und wanna-be Playmates jeder Art.
Ganz tolle Kuppel der Oper. Noch besser der angeschlossene Park, auch wieder wie der Vorplatz Shooting Hotspot, aber man kann zum Gucken schattig sitzen.
Ganz tolle Kuppel der Oper. Noch besser der angeschlossene Park, auch wieder wie der Vorplatz Shooting Hotspot, aber man kann zum Gucken schattig sitzen.
Lenin Platz, Lenin Straße und ... na klar, Lenin Statue.
Lenin Platz, Lenin Straße und … na klar, Lenin Statue.

Der Italiener lag direkt an der Uliza Lenina, der Ausgehmeile mit Cafés in Nowosibirsk, Bars und Restaurants. Da es Freitagabend war, war natürlich einiges los und so schlenderten wir nach dem Essen gegen ein Uhr bei immer noch 25°C zurück zum Hotel. An Schlaf war bei uns beiden allerdings dann nicht zu denken, da sich die vier Stunden, die uns während der Fahrt von Moskau nach Nowosibirsk „geklaut“ wurden noch bemerkbar machten.

Nowosibirsk feiert Geburtstag

Sibirischer Sommer in Nowosibirsk
Новосибирск hat 124-jähren Geburtstag und wir sind hier. Echt Leute, Glück muss man haben. Stellt euch vor, ein Jahr früher und alles umsonst…

Obwohl wir diesmal ein Zimmer mit Fenster hatten, klingelte am nächsten Morgen um 8:30 Uhr der Wecker. Wir hatten über das Hotel Frühstück gebucht und das wollten wir nicht verpassen.

Der erste Tag in Nowosibirsk stand wieder unter dem Motto „sich treiben lassen“. Bei fast 40°C war auch gar nichts anderes möglich. Unser Hotel lag nicht weit von dem Fluß Ob entfernt, der einmal durch Novosibirsk fließt. Wir suchten, leider erfolglos einen Weg zum Wasser und landeten letztlich auf der Dimitrovskij-Brücke mit einer 6-spurigen Straße, an der die warmen Autos nur so vorbeirauschten. Auf der anderen Seite kamen wir bis in ein kleines Waldstück, in dem sich die Stechmücken nur so auf einen gestürzt haben. Daraufhin sind wir sofort wieder umgekehrt. Dorthin wo es am Abend zuvor so schön war. Wir fanden uns schließlich in einem Café auf der Uliza Lenina wieder. Es gab eiskalte selbstgemachte Limonade und da Samstagnachmittag war, gab es auch Kaffee und Kuchen. Anschließend ließen wir uns noch ein bisschen durch die Stadt treiben, kauften unterwegs unser Abendessen und gingen zurück ins Hotel.

Ab und zu eine Bauruine fast im Endstadium auch keine Seltenheit.
Ab und zu eine Bauruine (rechts) fast im Endstadium auch keine Seltenheit.

In einigen anderen Blogs hatten wir bereits gelesen, dass Nowosibirsk nicht so viele Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Die beiden Highlights, die Oper und die Lenin-Statue davor, hatten wir bereits am ersten Tag gesehen. Am zweiten Tag liefen wir daher in Richtung westlicher Stadtrand, da sich dort ein Park und eine Art Strand an dem Fluß befinden soll. 60 Minuten können ja so unendlich lang sein, wenn man bei weit über 30°C zu Fuß unterwegs ist.

Den Strand gab es tatsächlich und auch ganz schön so etwas vor der Stadt zu haben, aber umgehauen hat er uns beide nicht. Das lag an zwei unschönen Dingen: Auf uns haben sich eine Menge kleiner schwarzer Fliegen gestürzt, die ein entspanntes Sitzen und aufs Wasser-Gucken unmöglich machten. Diese haben zwar nicht gestochen, aber es war einfach nur nervig ständig so ein Tierchen irgendwo sitzen zu haben. Es schien aber als hätten nur wir das Problem, weil alle anderen ruhig und ohne wild gestikulierend am Strand sitzen oder liegen konnten. Was hatten die Einheimischen was wir nicht hatten? Zweitens wurde das schattenspendende Gestrüpp, das wir uns ausgesucht haben, auf der anderen Seite als Pinkelecke für kleine Kinder benutzt. Nach einer immer mal wiederkehrenden Duftnote, haben wir das nach einiger Zeit herausgefunden.

Nach einem kurzen Aufenthalt am Strand brauchten wir daher eine neue Beschäftigung. Der Zoo war in der Nähe und so ging es dorthin. Durch genaues Beobachten am Strand und unterwegs haben wir dann noch herausgefunden, mit was sich die Einheimischen einsprühen um die Mücken fernzuhalten. Das Zeug wurde direkt im nächstgelegenen Supermarkt gekauft und es half tatsächlich:-)

Die Kinder vorm Zoo von Novosibirsk.
Die Kinder vorm Zoo von Novosibirsk.

Das Highlight des Novosibirsker Zoos soll ein Liger-Weibchen, eine Kreuzung aus Löwe und Tiger sein. Gefunden haben wir es allerdings nicht. Dafür haben wir unter anderem zwei Eisbären, Geparde, Jaguars, Braunbären, viele kleine Ponies und viele Affenarten gesehen. Erschreckend fand ich die teilweise sehr kleinen Gehege in denen die Tiere gehalten werden, wo doch bekannt ist, dass diese viel Platz zum Laufen brauchen. Den Braunbären stand ein Gehege zur Verfügung, das kleiner als unser Wohnzimmer zu Hause war und auch die enorme Hitze schien noch ihr übriges zu geben. Auch die anderen Besucher schienen die Tiere eher als Belustigung aufzufassen. So wurde auf der Mauer zwischen den Gehegen rumgeturnt um den Tieren näher zukommen, die sich in den hinteren Teil verzogen hatten oder die Tiere mit Rufen und Klatschen zum Aufwachen bewegt bzw. erschreckt. Eine artgerechte Tierhaltung sind meines Erachtens anders aus.

Kein Lieger, aber Eye of the Leopard.
Kein Lieger, aber Eye of the Leopard.

Badetag am Ob

Den Strand und das Schwimmen im Fluss wollten wir dennoch nicht ganz aufgeben und so versuchten wir am 3. Tag unser Glück auf der anderen Stadtseite. Mit der Metro (Novosibirsk hat ganze 2 Linien) ging es bis zur Endstation Marx Platz und dann noch ein „kleines“ Stück zu Fuß. Der kleine Fußmarsch stellte sich als doch viel länger heraus als gedacht und auch die Strecke an einer 6-spurigen Schnellstraße war wenig reizvoll. Zu allem Übel haben wir es verpasst unseren Wasservorrat aufzufüllen und so neigte sich unser Wasser auch frühzeitig dem Ende entgegen.

Auch wenn der Weg dorthin etwas beschwerlich war, hat er sich doch gelohnt. Wir hatten zwar kein Trinkwasser mehr, aber dafür unser Mückenspray und einen wunderschönen Strand mit Bademöglichkeit im Fluss. Das Wasser hatte die zum Abkühlen und Schwimmen perfekte Temperatur. Auch wenn es vorher schon viele tolle Momente gab, hatte ich hier ein ganz besonderes Glücksgefühl. Ich hätte mir vor der Reise nie vorstellen können, dass ich in Russland bei bestem Wetter an einem schönen Strand sitze und schwimmen gehen kann. Das hatte ich immer anderen Regionen dieser Erde zugeordnet.

Zurück zur Metrostation ging es dann mit dem Bus. Hätte ich vorher gewusst, dass der ÖNPV hier so günstig ist, wären wir die letzten Tage weniger gelaufen. Die Metro und der Bus kosten umgerechnet circa 30 Cent pro Person. Wie in Moskau sind auch hier die Metrostationen extrem schön gestaltet, sehr sauber und gutduftend. Von Frankfurt bin ich hier leider Anderes gewohnt. Zudem können es sich die Betreiber erlauben neben dem Fahrer eine zweite Person anzustellen, die nur für den Ticketverkauf im Bus zuständig ist. Der Mini-Bus wurde bei jeder Haltestelle voller, aber die Dame quetschte sich munter zwischen den Fahrgästen zu den Hinzugestiegenen durch.

Sechs-spurige Autobrücken haben es uns angetan. Besonders schön mit Schallschutz-Wand zum besseren schwitzen.
Sechs-spurige Autobrücken haben es uns angetan. Besonders schön mit Schallschutz-Wand zum besseren schwitzen. Jean vergibt 10 Punkte auf der nach oben noch offenen Beschissenheit-der-Dinge-Skala!
In der Millionen-Metropole. Netter Kontrast zum grün die Bugrinsky-Brücke.
In der Millionen-Metropole. Netter Kontrast zum grün die Bugrinsky-Brücke.
Sina streut gerne einfach zu erreichende Strände im Kulturprogramm ein. So eine Schelmin.
Sina streut gerne einfach zu erreichende Strände im Kulturprogramm ein. So eine Schelmin.

Während wir in der Metro saßen, muss es enorm geregnet haben, denn als wir ausstiegen stand überall zentimeterhoch das Wasser. Uns ist in Moskau schon aufgefallen, dass es keine Gullys gibt, in die das Regenwasser ablaufen kann und so bilden sich stellenweise riesige und teilweise auch tiefe Pfützen. Man braucht diese Abläufe aber auch gar nicht, wenn man gutes Personal hat. Als wir die Metrostation verließen, wurden schon die Treppen mit einem Wischer abgezogen und auf dem Bahnhofsvorplatz wurde das Wasser, wohin auch immer, gekehrt.

Nachdem es zwei Abende nur Brot und kleine Beilagen in unserem Hotelzimmer gegeben hatte, saßen wir am Abend bei Pasta, leckerem Nachtisch, Bier und Eistee wieder auf der Dachterrasse bei unseren neuen Lieblingsitaliener. Währenddessen haben wir darüber philosophiert, wer von den anwesenden Gästen überhaupt schonmal in Italien war. Unsere Vermutung: Leider nicht viele.

Der vierte und letzte Tag stand ganz im Zeichen der Entspannung. Spätestens um 12 Uhr mussten wir auschecken und das nutzten wir auch komplett aus um noch ein paar „Haushalts- und Büroarbeiten“ zu erledigen. Später schlenderten wir von Café zu Café und von Parkbank zu Parkbank und beobachteten Leute. Wie viel es da zum Gucken gibt, wenn man einfach mal Zeit hat zu sitzen und durch nichts, wie z.B. das Handy abgelenkt wird. Am Abend ging es nochmal kurz zum Hotel um unsere Rucksäcke abzuholen, die wir dort glücklicherweise deponieren konnten. Blöderweise ging unser Zug in Richtung Irkutsk erst um 1:21 Uhr Ortszeit und so verbrachten wir die restlichen 4,5 Stunden in der Wartehalle im Bahnhof. Wir machten das was wir den ganzen Tag schon gemacht haben: Leute beobachten und warten.

Wohnhaus Sim-City-Style großer Klops. Recht oft anzutreffen und auch noch teilweise im Neubau.
Wohnhaus Sim-City-Style großer Klops. Recht oft anzutreffen und auch noch teilweise im Neubau.
Eines der wenigen Hipster-Gebäude.
Eines der wenigen Hipster-Gebäude.
Hier Hipster Jesus sein Haus.
Hier Hipster Jesus sein Haus.

Noch ein kleiner Nachtrag vom Lektor und Bildmaterial-Verantwortlichen Jean:

Gebäudetechnisch wurde in Nowosibirsk tatsächlich ziemlich auf Schnellbau gesetzt. Also zieren recht viele solcher Wohnklöpse wie im Bild in unterschiedlichster Qualität und Alter das Stadtbild. Eher unschön. Zwischendurch entdeckt man dann tatsächlich solche (wir vermuten) alten Gebäude mit reichlich verzierten Fensterrahmen. Ähnliche Gebäude sieht man auch unterwegs mit der Transsib sehr oft, allerdings dort wesentlich abgeranzter (Anmerkung zum Nachtrag: wir sammeln auch schon eifrig Videomaterial zur Bahnfahrt und werden versuchen das euch nach der der Bahnfahrerei möglichst in Originallänge bereitzustellen. Die zehnte Speicherkarte ist schon voll.)

Also wir hoffen wir machen unsere Für-Zu-Hauseaufgaben gut. Ich gehe schwer davon aus, dass Motivation und damit Umfang sich noch reduzieren werden. Falls wir viel schreiben, was euch so brennend gar nicht interessiert und euch dafür viel mehr Fotos von Bier oder Katzen schicken sollen, schreibt uns doch einfach mal einen Kommentar. Und unser „Newsletter“, der euch eigentlich hauptsächlich auf neue Beiträge aufmerksam machen soll, funktioniert – glaube ich – jetzt auch. Also wer noch nicht hat – zum Newsletter könnt ihr euch unten im orangen Bereich anmelden (wenn der Verteiler eine stattliche Größe hat, werden wir durch dessen Verkauf natürlich unsere Reise rückfinanzieren).

Lies auch unseren nächsten Beitrag zur Bahnfahrt nach Irkutsk.

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4 Kommentare

  1. Cool, ich sehe ihr habt Spass auf eurer Entdeckungsreise 🙂
    In Frankfurt sind wir auch am schwitzen, aber die Temperaturen bei euch lassen das als ganz angenehm erscheinen. Wie ist denn die lokale Küche?

    Viele Grüße,
    Alex

    1. Hallo Alex,

      bislang macht unsere „kleine“ Entdeckungsreise super viel Spaß und wir freuen uns auf jeden neuen Tag.
      Wir haben uns auch fest vorgenommen in jedem Land zumindest einmal landestypisch essen zu gehen. In Russland ist uns das leider mehr oder weniger erst am allerletzten Abend gelungen. Es liegen ja noch ein paar Länder vor uns um unseren Plan in die Tat umzusetzen:-)

      Viele Grüße nach Frankfurt,
      Sina & Jean

  2. Prima Blog!!! Eure herzerfrischenden Erlebnisse sind so schön zulesen, das man sie immer wieder lesen kann,
    die Bilder unterstreichen das Ganze nocheinmal.
    Der Newsletter ist auch eine super Unterstützung. Weiter so…

    Der Rand des Taunus grüßt
    Elke

    1. Hallo Elke,

      es gibt in Zukunft auch noch mehr Bilder in unserer separaten Bilder-Rubrik. Jean als unser Bilderverantwortliche gibt sich immer sehr viel Mühe beim Fotografieren und beim Auswählen. Das hat leider den Nachteil, dass es (bisher) noch nicht so viele Fotos von ihm gibt. Das kommt aber noch:-)

      Viele liebe Grüße,
      Sina & Jean

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